Wachsende Sorgen im Handwerk

Ergebnisse der Herbst-Konjunkturumfrage 2022

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Die massiv gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise, die Liefer­eng­pässe und die zunehmende Kaufzurückhaltung bereiten den meisten Handwerksbetrieben große Sor­gen. »Unsere Betriebe geraten langsam aber sicher in den Krisenmodus. Die wirt­schaft­liche Situation der kommenden Monate wird als schwierig eingestuft«, erklärte der Präsident der Handwerkskammer Kassel Frank Dittmar.

Das nord-, ost- und mittelhessische Handwerk geht mit pessimistischen Erwartungen in den Winter. Der Geschäftsklimaindex ging um 26,5 auf nur noch 85,1 Punkte zurück. Während die aktuelle Geschäftslage von 78,1 Prozent der Betriebe noch als befriedigend oder sogar gut ein­ge­schätzt wird, erwarten 40,6 Prozent der Betriebe eine Verschlechterung der Geschäftslage zum Jahresende, bei den Bäckern und Fleischern sind es sogar über 60 Prozent.

»Die aktuelle Geschäftslagebewertung fällt in den einzelnen Handwerksbranchen sehr unterschiedlich aus. Insbesondere in den Bau- und Ausbaugewerken ist die Situation noch gut, sie zehren noch von den hohen Auftragsreserven. Ganz anders ist die Lage bei den energieintensiven oder konsumorientierten Gewerken, wie beispielswiese das Nahrungs­mittel, hier fiel der Klimaindex sogar auf 51,6 Punkte. Die hohe Inflation und die Preisanpassungen hinterlassen hier besonders tiefe Spuren. Aber auch im Kfz-Gewerbe, bei den Handwerken für den gewerblichen Bedarf und dem personenbezogenen Dienstleistungsgewerbe machen  anhaltenden Lieferschwierigkeiten, Verzögerungen bei der Auftragserledigung und vor allem die Zurückhaltung der Kunden zu schaffen«, so Dittmar weiter.

Die Kapazitätsauslastung hat sich im Berichtsquartal in allen Branchen eingetrübt. Binnen Jahresfrist sank sie um 4,2 Prozentpunkte auf 76,7 Prozent. Die immer noch hohen Auftragsreserven von 11,7 Wochen wird vor allem vom Bau- und Ausbaugewerbe geprägt, auch wenn die Neuaufträge spärlicher eingehen. Die Umsatzentwicklung verlief ähnlich wie im Vorjahr: Aktuell geben 24 Prozent (VJ: 24,9 Prozent) der Befragten an, dass die Umsätze gestiegen sind, bei 29,2 Prozent sind sie rückläufig.

Große Sorgen macht die Entwicklung der Auftragseingänge, der wichtigste Frühindikator der konjunkturellen Entwicklung. Sie sind branchen­übergreifend deutlich nach unten gegangen. Der Anteil der Betriebe mit einem Auftragsplus geht gegenüber dem Vorquartal um 10 Prozentpunkte zurück und bei insgesamt 43,8 Prozent der Befragten sind die Ordereingänge rückläufig (VJ: 23,7 Prozent). Die größten Einbrüche verzeichnen die Nahrungsmittelhandwerke und das Kfz-Handwerk.

Bei der gegenwärtigen Preisentwicklung gibt es keine Entwarnung. Im Gegenteil: Die Einkaufspreise für Rohstoffe, Vorprodukte und Energie haben auch im Berichtsquartal weiter zugelegt. Insgesamt neun von zehn der Befragten berichten von steigenden Preisen. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen.

»Quer durch fast alle Branchen erwarten die Betriebe für die kommenden Monate geringere Umsätze, weniger Aufträge und weniger Beschäftigung. Und die Preisdynamik bei Energie, Material und Personalkosten ist ungebrochen. Im gesamten Handwerk ist eine starke Verunsicherung zu spüren. Viele energieintensive Betriebe sind jetzt schon in einer existentiellen Notsituation«, erläutert Präsident Dittmar die Zahlen. »Es wird wichtig sein, dass die Politik die versprochene Energiepreis-Entlastung für die Betriebe zügig umsetzt. Mit der angekündigten Gaspreisbremse gibt es grundsätzlich richtige Signale, aber die Entlastungen müssen deutlich früher kommen, als bisher geplant«, so Dittmar abschließend.

Der gesamte Konjunktubericht steht zum Download bereit.

Hier geht es zum Beitrag des HR-Fernsehens zum Thema.

 

Ansprechpartner
Dr. Matthias Joseph
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