Handwerklicher Ausbildungsmarkt im Wandel

Betriebe können nicht alle Lehrstellen besetzen

Für hessische Handwerksbetriebe wird es zunehmend schwieriger freie Lehrstellen mit geeignetem Nachwuchs zu besetzen. Bei den drei hessischen Handwerkskammern sind im offiziellen Erhebungszeitraum 1. Oktober 2012 bis 30. September 2013 insgesamt 10.202 neue Lehrverträge eingetragen worden. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einem Rückgang von 324 Lehrverträgen oder einem Minus von 3,1 Prozent. Für den Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Handwerkskammern, Harald Brandes, belegen diese Zahlen, dass es immer weniger gelingt, das vorhandene Angebot an Lehrstellen mit den Wünschen und Interessen der weniger werdenden Bewerberinnen und Bewerber zusammenzubringen. Aktuell befinden sich alleine in den Lehrstellenbörsen der drei hessischen Handwerkskammern zahlreiche freie Lehrstellen, in vielen Gewerken ist der Nachwuchsmangel enorm. Mit einer Ausbildungsquote von über 8 Prozent bilde das Handwerk nach wie vor stärker aus als jeder andere Wirtschaftsbereich.

Fatale Entwicklung: Studium statt Karriere mit Lehre

Brandes machte deutlich, dass der leichte Rückgang bei den neu abgeschlossenen Lehrverträgen nicht auf die konjunkturelle Lage im Handwerks zurückzuführen sei. Dem Handwerk gehe es wirtschaftlich gut. Vielmehr sei festzustellen, dass immer mehr Jugendliche ein Studium anstrebten. „Eine fatale Entwicklung. Denn unser Wirtschaftssystem und insbesondere das Handwerk leben von gut ausgebildeten Fachkräften aus dem dualen System“, so Brandes. 60 Prozent der freien Stellen würden eine Berufsausbildung voraussetzen, nur 10 Prozent einen Hochschulabschluss. Es sei ein Fehler gewesen, die „Akademisierung“ der Gesellschaft voranzutreiben.

Das Handwerk brauche dringend einen Wechsel in der öffentlichen Wahrnehmung, so Brandes. „So müssen wir stärker darauf aufmerksam machen, dass es im Handwerk eine deutlich höhere Ausbildungsrendite gibt.“ Ein Handwerksmeister verdiene beispielsweise nicht selten mehr, aber in jeden Fall deutlich früher sein Geld als ein Akademiker. Im Handwerk könne man zudem sein eigener „Chef“ werden. Aber auch so mancher Jugendlicher sollte sich offen zeigen für eine alternative Ausbildung nah am Traumberuf, immerhin gebe es im Handwerk über 120 spannende Ausbildungsberufe. Hierüber informieren die hessischen Handwerkskammern in vielfältiger Weise, so auch im Rahmen ihrer Nachwuchskampagne auf Facebook.