Erfolgreich ausbilden in schwierigen Zeiten
Bäckermeister Manuel Held gewinnt den 2. Platz beim HNA-Ausbildungspreis

Gute Auszubildende zu finden ist heute quer durch alle Branchen zu einer Herausforderung geworden. Vor allem die Nahrungsmittelhandwerke kämpfen seit vielen Jahre um ihren Nachwuchs. Denn Betriebe, die ausbilden, stehen nicht nur in Konkurrenz zu anderen Unternehmen, sondern auch zu Universitäten. Nach wie vor entscheiden sich immer mehr junge Menschen für ein Studium als für eine duale Ausbildung.
Deshalb sind gute Ideen und clevere Aktionen der Firmen gefragt, um junge Menschen von dem Wert einer Ausbildung zu überzeugen. Um den besten Ideen und den pfiffigsten Konzepten auch in diesem Jahr wieder die große Bühne zu bieten, hat die Hessische Allgemeine (HNA) auch in diesem Jahr wieder gemeinsam mit der IHK Kassel-Marburg, der Handwerkskammer Kassel, der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) und der Agentur für Arbeit in Kassel den Ausbildungspreis ausgelobt. Und das bereits zum sechsten Mal. Wie gehabt ebenfalls mit dabei waren die HNA-Partnerzeitungen Hersfelder Zeitung, Waldeckische Landeszeitung und die Werra-Rundschau.
Prämiert wurden sowohl gute Ideen zum Anwerben von Nachwuchskräften als auch zur Verbesserung der Ausbildung selbst, also beispielsweise besondere Ausbildungsprojekte oder -konzepte, die erfolgreiche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von Geflüchteten. Aber auch der Einsatz sozialer Medien und die Berücksichtigung von Ökologie spielten eine Rolle.
Und so sprach die Jury der Bäckerei Bernecker aus Kassel den zweiten Platz zu. 2019 hatte Bäckermeister Manuel Held die alteingesessene Bäckerei übernommen, in der er selbst seine Ausbildung absolviert hatte, und bereits im Folgejahr mit der Ausbildung junger Menschen begonnen. Mittlerweile betreibt er eine Filiale in Altenritte sowie einen mobilen Bäckerwagen auf dem Wochenmarkt in Baunatal und beschäftigt 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sechs davon sind Auszubildende.
Um seinen Azubis eine gute, weil qualitativ hochwertige Ausbildung anbieten und sie auch kompetent durch alle Schwierigkeiten begleiten zu können, hatte sich Held zum »Azubi-Coach« qualifiziert. Seitdem motovieren Mitarbeitergespräche und dokumentierte Fortschritte die Azubis zum Durchhalten und zu guten Leistungen. Dafür erleben sie dann auch, dass ihnen früh Verantwortung in Backstube und Verkauf übertragen werden.
Nachhaltig mit Verantwortung für Nahrungsmittel
»Die Bäckerei Bernecker ist ein erfolgreiches Beispiel der Nachwuchsgewinnung in inhabergeführten Handwerksbetrieben“, lobte Frank Dittmar, Präsident der Handwerkskammer Kassel als Laudator. „Auf seinem Weg vermittelt der Betrieb nicht nur die erforderlichen handwerklichen Qualifikationen, sondern ist auch in der Lage, die sogenannte Genration Z erfolgreich durch die Ausbildung zu begleiten und in eine Festanstellung im eigenen Betrieb zu übernehmen.«
Teil dieses Konzepts ist auch, dass die Azubis Enrico Helten und Paul Fukas von der Handwerkskammer zu Azubi-Botschaftern qualifiziert worden sind und nun ihrerseits professionell junge Menschen für ihr Handwerk und ihren Ausbildungsbetrieb begeistern und werben. Und weil für Held jeder junge Mensch mindestens eine Chance im Leben verdient hat, hat im September ein schwerbehinderter Jugendlicher seine Ausbildung im Verkauf der Bäckerei begonnen. Durch flexible Arbeitszeiten hatte Held zuvor schon dafür gesorgt, dass auch junge Mütter eine Ausbildung bei ihm absolvieren können.
Daneben gibt es noch weitere handfeste Vorteile für die Angestellten: Freistellung für die Prüfungsvorbereitung, betriebliche Altersvorsorge, Unfallversicherung, Betriebskrankenkasse und freie Montage. Und weil auch Nachhaltigkeit und ein ressourcensparsames Handeln sowie der verantwortungsvoller Umgang mit Nahrungsmitteln für Held wichtig sind, stammt nicht nur das verarbeitet Getreide aus Gudensberg, sondern spendet er übriggebliebene Waren der Tafel und setzt auf die App „too good to go“, die ebenfalls zur Rettung von Lebensmittel beiträgt.
Mit Integration und Inklusion auf Platz eins und drei
Den ersten Platz belegte das Bauunternehmen Hermanns aus Kassel, das mittlerweile elf Mitarbeiter aus Madagaskar beschäftigt, fünf sind noch in der Ausbildung, sechs von ihnen haben ausgelernt und sind fest angestellt. »Ein solcher Weg erfordert Mut und Vertrauen auf beiden Seiten«, lobte Jens Nähler, Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit bei der VhU. So hat sich bei der Firma inzwischen eine Willkommenskultur etabliert. Den jungen Madagassen wird nicht nur bei Behördengängen und Wohnungssuche geholfen, sondern die Mitarbeiter spenden ihren Kollegen vom anderen Ende der Welt auch Möbel und Haushaltswaren, damit sie hier schnell heimisch werden können.
Platz drei ging an die Energie Waldeck-Frankenberg GmbH (EWF) für die Inklusion von Menschen mit Behinderung. Denn seit 2021 wird in Korbach eine junge Frau zur Industriekauffrau ausgebildet, die in ihrem Alltag auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Die Voraussetzung dafür schaffte EWF nicht nur im eigenen Haus, sondern sorgte auch dafür, dass mittlerweile ein reibungsloser Besuch der Berufsschule möglich ist. »Das ist ein exzellentes Beispiel, wie Inklusion gelingen kann«, sagte Arnd Klein-Zirbes, Hauptgeschäftsführer der IHK Kassel-Marburg, in seiner Laudatio.